Rheuma – Warum gibt es chronische Schmerzen?

Schmerz ist eine komplexe subjektive Sinneswahrnehmung, die als akutes Geschehen den Charakter eines Warn- und Leitsignals aufweist und in der Intensität von unangenehm bis unerträglich reichen kann. Jeder empfindet Schmerzen unterschiedlich stark – und das völlig unabhängig davon, ob es sich um akute oder um chronische Schmerzen handelt.

Eine zentralisierte Schmerzsymptomatik erfasst die häufigsten und kostspieligsten Erkrankungen des Menschen. Das persönliche Schmerzempfinden hängt von verschiedenen Kriterien ab: Entscheidend sind hier die Erkrankungsaktivität, das Alter des Patienten, die Einstellung zur Krankheit, die Stimmung sowie Stress- und Umweltfaktoren und eine  wichtige Rolle spielten auch die genetische Disposition und die „persönliche sogenannte  Schmerzempfindungs-Volumenkontrolle“ im Gehirn und im Rückenmark. Je höher die Volumenkontrolle eingestellt ist, desto mehr Schmerz empfinden wir. Bei der Beurteilung von Schmerzen muss daher unterschieden werden zwischen dem „organbezogenen“ Schmerz, der zum Beispiel durch eine Entzündung verursacht wird, und der  „persönlichen Schmerzempfindung“ die durch die Einstellung der Volumenkontrolle geregelt wird.  Schmerzen haben also immer einen mechanischen Teil und einen Teil, der durch die zentrale Regulierung bestimmt wird.

Die Schwere der rheumatischen Erkrankung beziehungsweise die Anzahl der betroffenen Gelenke hat nicht unbedingt etwas mit dem persönlichen Schmerzempfinden zu tun. Während manche Patienten, bei denen nur ein einzelnes kleines Gelenk erkrankt ist, über starke Schmerzen klagen, empfinden andere Patienten mit einem deutlich ausgeprägteren Befund möglicherweise weniger Schmerzen. Auch äußere Faktoren können zu einer erhöhten Beurteilung von Schmerzen führen. Bei Kindern ist das zum Beispiel häufig der Fall, wenn deren Eltern entweder in ständiger, großer Sorge über die Erkrankung des Kindes leben oder auch wenn die Krankheit in der Familie praktisch gar nicht thematisiert wird. Wichtig ist hier eine offene und sachliche Kommunikation über die Erkrankung und assoziierte Sorgen – diese kann Betroffenen und deren Familien den Umgang mit der chronischen Krankheit erheblich erleichtern.

Dr. Ivan Földvari,
Leiter des Hamburger Zentrums für Kinder- und Jugendrheumatologie, Schön Klinik Hamburg Eilbek